87 Mrd. Euro Schwarzgeld aus dem Iran sollen gewaschen worden sein

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Während die Ermittlungen in der Korruptionsaffäre vorangehen, entlässt die Regierung in Ankara führende Polizeibeamte und setzt zusätzlich Staatsanwälte ein. Unterdessen nehmen die Berichte über die Rolle Irans in der Affäre zu. (Foto: zaman)

DTJ-Online

| 20.12.2013 14:58

In der Korruptionsaffäre in der Türkei kommen immer mehr Details ans Licht. Seit Mittwoch wurden insgesamt 51 Personen festgenommen, darunter Beamte, bekannte Unternehmer und die Söhne von drei Ministern. Sie alle stehen im Verdacht, in Bestechungsfälle im Zusammenhang mit öffentlichen Ausschreibungen und mit Fällen von Geldwäsche von iranischem Schwarzgeld in Höhe von 87 Milliarden Euro involviert gewesen zu sein. Das Thema beherrscht seither die Medienberichterstattung.

 

Im Laufe der Ermittlungen sollen bereits Vermögenswerte im Ausmaß von umgerechnet 6,13 Mio. Euro konfisziert worden sein, darunter etwa 5 Mio. alleine bei einer Hausdurchsuchung auf dem Anwesen von Halkbank-Chef Süleyman Aslan. Halkbank spielt eine Schlüsselrolle bei den Gasgeschäften mit dem Iran.

Ermittlungen liefen schon seit Herbst 2012

Am Donnerstag soll auch ein Antrag auf die Aufhebung der Immunität von vier Ministern ans Justizministerium via UYAP (Nationales Justizinformationssystem) zugestellt worden sein. Entgegen den Darstellungen von Premierminister Recep Tayyip Erdoğan und seines Stellvertreters Bülent Arınç habe die ermittelnde Staatsanwaltschaft zu Beginn der Ermittlungen vor 14 Monaten elektronische Aktenzeichen mit den Nummern 50690, 125043 und 120653 angelegt. Dies spricht dafür, dass die Beamten nicht eigenmächtig vorgegangen sein können.

AKP-Parteivize Hüseyin Çelik hat in einem Fernsehinterview politische Konsequenzen in Form von Ministerrücktritten eine klare Absage erteilt. AKP-nahe Medien spekulieren über die Rolle Israels und des Westens in der größten Affäre in der Geschichte der türkischen Republik und sehen darin ein Komplott gegen Premier Erdoğan.

Unter den Verhafteten befanden sich neben Barış Güler auch Kağan Çağlayan, der Sohn des Wirtschaftsministers Zafer Çağlayan, darüber hinaus der Oğuz Bayraktar, Sohn des Ministers für Umwelt und urbane Entwicklung, Erdoğan Bayraktar, der Bürgermeister des Istanbuler Bezirks Fatih, Mustafa Demir, die Unternehmer Ali Ağaoğlu und Rıza Sarraf (Foto) sowie der Generaldirektor der Volksbank (Halk Bank), Süleyman Aslan.

Der aus dem Iran stammende Sarraf soll im Zeitraum zwischen 2009 und 2012 über Umwege insgesamt 87 Mrd. Euro Schwarzgeld aus dem Iran empfangen und mithilfe von drei Scheinfirmen in Istanbul gewaschen haben.

Polizeichefs werden strafversetzt

Während es in der Regierung noch keine personellen Konsequenzen gibt, sieht es in der Polizei und Justiz ganz anders aus. Hüseyin Çapkın ist nach viereinhalb Jahren nicht mehr Polizeichef von Istanbul. Gemeinsam mit zahlreichen weiteren hochrangigen Polizeibeamten wurde er während der laufenden Ermittlungen zum mutmaßlichen Bestechungsskandal nach Ankara versetzt. Künftig wird der Aksaray-Gouverneur Selami Altinok, der keinerlei polizeiliche Erfahrungen vorzuweisen hat, seinen bisherigen Posten einnehmen.

Insgesamt wurden seit Mittwoch nicht weniger als elf Polizeichefs in Istanbul und 18 führende Polizeibeamte in Ankara ihrer Posten enthoben und in aller Regel in Positionen mit einem geringeren Kompetenzumfang versetzt. In Izmir wurden unter anderem der Leiter der Abteilung zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität, Mehmet Erikoğlu, der Chef der Abteilung Finanzkriminalität, Emin Göktaş, sowie Antiterror-Abteilungsleiter Halil İbrahim Güzel abgesetzt, Gouverneur Mustafa Toprak sprach von weiteren personellen Veränderungen.

Auch in Kocaeli gab es zwei Amtsenthebungen hochrangiger Polizeibeamter, darunter eines Abteilungsleiters. Beide waren zuvor auf den Kampf gegen Schmuggel und organisiertes Verbrechen spezialisiert. Sie wurden in andere Abteilungen versetzt, den frei gewordenen Chefsessel nimmt nun der bisherige Leiter der Fremdenpolizei ein. Auch aus Bursa und Trabzon wird über drei bzw. zwei abgesetzte, hochrangige Polizeibeamte berichtet – es wird damit gerechnet, dass auch in 20 weiteren Provinzen in den nächsten Tagen ähnliche Schritte folgen werden.

Juristen werfen Regierung Einmischung vor

Dieses Vorgehen veranlasste nunmehr vehemente Kritik seitens der Universellen Juristenplattform, die sich am Donnerstag in einer Pressekonferenz vor dem Gerichtsgebäude in Ankara energisch gegen die Absetzung der Polizeibeamten wandte. Der Anwalt Hasan Basri Aksoy warf der Regierung vor, sich in die Arbeit der Justiz einzumischen. Dies äußere sich in der Absetzung von Polizeibeamten, die lediglich Befehle aus der Generalstaatsanwaltschaft Istanbul ausgeführt hätten, sowie der Beistellung zweier weiterer Staatsanwälte im Rahmen der Untersuchung. Die Juristenvereinigung befürchtet, dass die Beigabe der weiteren Staatsanwälte zu einem zeitweiligen Abzug der beiden bereits zuvor ermittelnden Staatsanwälte führen könnte.

Regierungsstellen begründeten die Absetzung der Beamten am Mittwoch mit einem „Fehlverhalten“ der Betroffenen.